Saubere Kleidung gefragt

Von Werner Hörtner · · 1999/11

Die Clean Clothes-Kampagne findet immer mehr Anklang, doch dem größten Wunsch der KonsumentInnen kann sie nicht entsprechen: sozial- und umweltfreundlich produzierte Textilien empfehlen.

Denn die gibt es einfach noch nicht im normalen Bekleidungshandel, sondern nur als Nischenproduktion entwicklungspolitisch engagierter Organisationen: hier ein Leibchen einer Genossenschaft aus Simbabwe, dort ein chilenischer Schafwollpullover, hergestellt von einem Frauenkollektiv. Bei größeren Anbietern wie etwa dem Panda-Versand des WWF findet man wohl Damen-Unterwäsche aus kontrolliert biologischem Anbau, doch von hier bis zu den Sozialstandards der internationalen Clean Clothes-Kampagne ist noch ein weiter Weg.

Das erklärte Ziel der internationalen Kampagne war ja von Anfang an, die Arbeitsbedingungen der – vor allem weiblichen – Beschäftigten in der globalisierten Bekleidungsindustrie zu verbessern und nicht, das Entstehen einer neuen, sozial- und umweltverträglichen Produktionslinie zu forcieren.

Bleibt der Druck auf die Produktionsbetriebe der Branche, und der scheint, zumindest bei den Großunternehmen, erstaunliche Früchte zu tragen. Die europäische Clean Clothes Campaign (CCC) und analoge Initiativen in anderen Erdteilen werden von den Konzernen immer mehr als Partner in dem gemeinsamen Bemühen um das Garantieren menschenwürdiger Arbeitsbedingungen aufgefaßt. Auch wenn hier Mißtrauen gegenüber der Haltungsänderung der Branchenriesen am Platz ist: Allein die Tatsache ihrer – noch vor wenigen Jahren inexistenten – Dialogbereitschaft und ihrer öffentlich deponierten Verpflichtung zur Einhaltung von Sozialstandards bedeutet einen beträchtlichen Erfolg gegenüber früher.

Ende September übergaben AktivistInnen der CCC bei einer großen Aktionärsversammlung von Nike in Hilversum, Holland, dem Konzernchef Phil Knight einen von 43 Organisationen aus aller Welt unterzeichneten Brief mit einem Forderungskatalog an das Unternehmen. Mitte Oktober erhielt die CCC-Koordinierungsstelle in Amsterdam ein langes, in freundlichsten Tönen gehaltenes Schreiben von Mr. Knight und seinem ‚Director for Labour Practises‘. Darin geht Nike konkret auf die Vorwürfe der Kampagne ein und erklärt die Schwierigkeiten, für die 500.000 ArbeiterInnen, die weltweit in Nike-Zulieferfirmen tätig sind, die erwünschten Lebens- und Produktionsbedingungen zu garantieren. Knight lädt darin die Kampagne offiziell zu einem strukturierten Dialog und einer dauerhaften Zusammenarbeit ein.

Mittlerweile plant und arbeitet die österreichische Kampagne weiter an Aktionen und Projekten. In der letzten SÜDWIND-Ausgabe haben wir die Clean Clothes-Hausparties vorgestellt (S.46). Im Vorfeld des Weihnachtsrummels tritt die Kampagne mit einer „Kundenkarte“ an die Öffentlichkeit, mit der in den Geschäften die eigene Besorgnis um soziale Produktionsbedingungen manifestiert werden kann (Näheres darüber im nächsten SÜDWIND.)

Im Rahmen der Kampagne wurde auch ein Projekt eines VerbraucherInnen-Netzwerkes ausgearbeitet, dessen Aufgabe es ist, Bewußtsein in der Öffentlichkeit über die Arbeitsbedingungen in der Textilbranche und mehr Verantwortungsbewußtsein bei Herstellern und Vertreibern der Waren zu erzielen.

Sehr aktiv war und ist in diesem Herbst die Forumtheatergruppe Vagabunt aus Wiener Neustadt, die ein Stück „Todschick“ zum Thema erarbeitet hat. Yvonne, eine engagierte Schülerin, spricht in einem Kaufhaus die sozialen Probleme bei der Kleiderproduktion offen an – und stößt auf Unverständnis, Ablehnung und Ignoranz. Entsprechend der vom Brasilianer Augusto Boal entwickelten Mitspielmethode können sich nun die ZuschauerInnen Lösungsmöglichkeiten ausdenken – und auch auf der Bühne vorstellen.

Bei dem meistens an Schulen aufgeführten Stück bestätigt sich die Erfahrung, daß sich Jugendliche schwer tun, sich zum Beispiel in die Arbeits- und Lebensbedingungen von Frauen in Sri Lanka oder Honduras einzusteigen. Naheliegender ist die Reaktion „Was von ‚dort‘ kommt, ist schlecht; wäre es in Österreich prodziert, wäre die Qualität besser.“

Es zeigt sich auch, daß es für die SchülerInnen, vor allem für die höherer Klassen, wichtig ist, ‚cool‘ zu bleiben, sich nicht in Probleme anderer hineinzustürzen.

Im ersten Durchgang des Stücks schasselt die Filialleiterin des Geschäfts die nachfragende Yvonne als Spinnerin ab und möchte sie zum Psychotherapeuten schicken. Daraufhin eine interessante, und sicher nicht auf die vorliegende Thematik beschränkte, Reaktion: die aus eigener Erfahrung gewonnene Erkenntnis, nicht ernst genommen zu werden. Eine Erfahrung, die auch von den zuschauenden SchülerInnen geteilt wird.

Doch zum Schluß der Aufführung hin wächst das Bedürfnis, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Es wird auch nachher noch weiterdiskutiert. An einer Modeschule in Wiener Neustadt wurden nach der Aufführung Design und Marketingüberlegungen für fair erzeugte Kleidung entworfen und Plakate gestaltet.

Zitat:

Jugendliche tun sich schwer, sich zum Beispiel in die Arbeits- und Lebensbedingungen von Frauen in Sri Lanka oder Honduras einzusteigen.

Mit einer „Kundenkarte“ kann in den Geschäften die eigene Besorgnis um soziale Produktionsbedingungen manifestiert werden.

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